„Über Mom zu sprechen, fühlt sich irgendwie an wie Verrat. Es klingt alles so tragisch, fast klischeehaft, wie aus einer Seifenoper. Und meine Mutter … na ja, sie ist eben meine Mutter. Und so schlimm ist nun auch wieder nicht. So schlimm nicht.“ (S. 109/110)
Grace geht es gut. Okay eben. Naja, eigentlich geht es ihr nicht gut. Tatsächlich geht es ihr sogar schlecht. Grace‘ Vater ist gestorben, als sie zwei Jahre alt war, aber das ist nicht der Grund dafür, dass es ihr nicht gut geht. Eigentlich kann sie sich nämlich gar nicht mehr richtig an ihn erinnern. Anders als ihre Mutter. Die trauert seitdem – und das auf ihre Art und Weise: mit viel Alkohol, ständig wechselnden Männern und Wohnungen. Mehr als ein Mal musste Grace ihre Mutter betrunken aus einer Bar nach Hause verfrachten – wo auch immer das auch gerade ist.
Aber ihre Mutter ist eben doch ihre Mutter. Was macht es da schon, dass sie in dem einen Jahr Grace‘ Geburtstag am falschen Tag feiern wollte? Immerhin wollte sie ihn doch feiern, oder? Und oft genug macht ihre Mutter ja auch nette Kleinigkeiten für ihre Tochter, da sollte Grace schon darüber hinwegsehen können, dass ihre Mutter ihr regelmäßig das Trinkgeld aus der Schatulle stiehlt. Und überhaupt: Wie sollte ihre Mutter überhaupt ohne sie zurecht kommen? Ihre Mutter braucht sie! Und so stellt Grace ihre eigenen Pläne und Wünsche hintenan. Immer und immer wieder.
Doch dann ist da plötzlich Eva. Eva, die ihre Mutter vor kurzem verloren hat. Eva, die so todtraurig und wunderschön zugleich ist. Eva, mit der sich Grace so wohl fühlt. So entspannt. Und wenn sie mit Eva zusammen ist, kann Grace für einen kurzen Moment sogar ihre Mutter vergessen. Doch reicht das?
„‚Ich mag Mädchen, Grace.‘
Es ist, als flattern ihre Worte im Wind, würden erst in die eine und dann in die andere Richtung geworfen, um dann zwischen uns zu landen.“ (S. 115)
Ich denke, die wenigsten Leser können sich in Grace‘ Lage versetzen. Die wenigsten wissen, wie es ist, von der eigenen Mutter viel zu sehr gebraucht zu werden, viel zu früh erwachsen werden zu müssen, sie ein Stück weit zu hassen und sie doch so sehr zu lieben. Es ist der Autorin sehr gut gelungen, diese widersprüchlichen Gefühle von Grace deutlich zu machen.
Anfangs habe ich mich nicht ganz in der Geschichte zurecht gefunden. Es ging mir alles etwas schnell: Sehr abrupt wurde ich in das Leben von Grace und ihrer Mutter hineingeworfen. Und auch die erste Begegnung von Grace und Eva kam ziemlich plötzlich. Zunächst passten die beiden Geschichten für mich nicht ganz zusammen. Doch irgendwann kam der Punkt, an dem ich nicht aufhören konnte zu lesen. An dem ich mir Tränen aus den Augen wischen musste, um im nächsten Augenblick leise in mich hinein zu lachen.
Vermutlich kann eine Rezension diesem Buch gar nicht gerecht werden. Und auch was es mit der Farbe Lila auf sich hat und wie toll Grace‘ bester Freund ist, müsst ihr selbst nachlesen. Ich kann nur sagen, dass dies ein Geschichte ist, die mich sehr berührt hat. 9 von 10 Sternen!
Eine Handvoll Lila – Ashley Herring Blake – Hardcover – 18,00 € – 352 Seiten – ISBN: 978-3-7348-5030-1 – erschienen: Januar 2018 (Magellan Verlag) – Übersetzung: Birgit Salzmann – Altersempfehlung: ab 14 Jahren